Couple, holding hands

Eine Schicksalsgemeinschaft

Anna und Teresa* hat das Schicksal zusammen gebracht. Die beiden Frauen stammen aus einer Stadt in der Ukraine, so groß wie Viersen, die im Krieg mit Russland umkämpft wird.

Anna ist Englischlehrerin und unterrichtete Kinder für eine große ukrainische Sprachschule mit vielen Filialen. Als der Krieg ausbrach, floh ihre älteste Tochter bald mit Studienfreundinnen nach Deutschland. Sie bangte um die Mutter: „Mama, du musst zu mir kommen. Nimm meine kleine Schwester und kommt zu mir nach Deutschland.“ Anna war verunsichert: „Aber niemand wartet hier
(in Deutschland) auf uns. Wo sollen wir hin?“. Die Tochter beruhigt sie, die Deutschen seien hilfsbereit und würden sie willkommen heißen.

„Es ist nicht das erste Mal, dass ich vertrieben wurde.“ Bereits 2014 war die Familie gezwungen ihre Heimatstadt Donezk wegen der Auseinandersetzung mit Russland zu verlassen.

So beschloss Anna alles zurückzulassen, auch ihren Ehemann, und aus dem Kriegsgebiet zu fliehen. Sie lud Teresa und ihre Enkelin ein, sie zu begleiten. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Teresa, eine betagte Dame, die wegen einer körperlichen Einschränkung mit gebeugtem Rücken und gesenktem Kopf gehen muss, war mit Anna nur flüchtig bekannt. 

Ihre Enkelin besuchte seit mehreren Jahren Annas Englischunterricht. Teresa hatte im letzten Jahr erst ihren Mann und dann ihren Sohn an die Corona-Pandemie verloren. Nun war sie allein für die Enkelin verantwortlich. 

Anna wusste um Teresas Situation und die bedrohlichen Ereignisse brachten die beiden Frauen enger zusammen.

Die beiden Frauen erreichten sicher mit ihren Mädchen Tönisvorst, wo Annas Tochter auf sie wartete. 
Eine großzügige Familie erlaubte den Frauen in ihrer Ferienwohnung für mehrere Monate zu bleiben. Als dies nicht mehr möglich war, sollten die Frauen in eine städtische Notunterkunft umziehen.

Annas offenes und herzliches Wesen hatte sie bereits in Kontakt zum über der Ferienwohnung liegenden Büro treten lassen. Als man dort von dem bevorstehenden Auszug erfuhr, wollte man helfen und suchte nach einer neuen Wohnmöglichkeit. Auf diesem Wege erfuhr Anna von Ayudis und erhielt eine Telefonnummer.

„Ich war so aufgeregt. Mein Deutsch war so schlecht, dass ich eine lange Zeit genau überlegte was ich am Telefon sagen würde. Ich hatte Angst, dass man mich nicht verstehen könnte oder, dass ich nicht verstehen würde.“ Und wieder war Anna mutig, wählte die Nummer und nahm ihre Situation in die Hand.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ayudis konnte den Frauen eine angemessene zentrumsnahe Wohnung anbieten, die durch eine Fügung kürzlich frei geworden war. Die Dame, die dort zuvor gewohnt hatte, war verstorben und die Erben waren gerne bereit nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch das gesamte Inventar zur Verfügung zu stellen. 

Doch dies bedeutete zunächst viel Arbeit. Ayudis übernahm die Aufgabe die Wohnung vollständig zu renovieren und den Hausrat soweit zu sortieren und zu ergänzen, dass Anna, Teresa und ihre Mädchen alles vorfanden, was sie benötigen. 

Der erste Vorsitzende Hans Wilhelm Janissen holte die Frauen persönlich in der Notunterkunft ab und sagte zu ihnen: „Lasst alles hier. Ihr braucht nur eure Koffer. Für alles andere ist gesorgt.“

Ayudis regelte auch die nahezu undurchdringliche Bürokratie. Endlose Formulare wurden gemeinsam ausgefüllt, Anträge und Unterlagen eingereicht …

Für die beiden Mädchen sucht Ayudis aktuell einen Schulplatz an einer Viersener Schule, damit die Wege kurz bleiben.

Anna besucht den Integrationskurs an der Volkshochschule und schließt bald das Niveau B1 ab. Sie will danach B2 in Angriff nehmen und hofft darauf in Zukunft wieder als Sprachlehrerin arbeiten zu können. 

Ihre älteste Tochter arbeitete in Düsseldorf und ist bereits vollkommen selbständig. Die beiden Mädchen haben erste Freundschaften geknüpft und haben sich in den deutschen Schulalltag eingelebt.

„Ich bin all den Menschen sehr dankbar, dass sie uns so offen empfangen haben und freue mich über jedes freundliche Gesicht.
Ich hoffe, dass unsere Männer in Sicherheit sind und wir bald wieder vereint sein werden.“

Teresa hofft das Beste für ihre Enkelin. Sie selbst tritt in den Hintergrund, es gehe jetzt um die Kleine:
„Ihre Zukunft liegt hier in Deutschland, hier in Viersen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

*Die Namen wurden zum Schutz der Identität geändert. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.